Frankfurt erkennt politischen Vereinen die Gemeinützigkeit ab

Nachdem das Finanzamt Frankfurt bereits im letzten Jahr dem globalisierungskritischen Netzwerk Attac die Gemeinützigkeit aberkannt hat (das Einspruchsverfahren läuft noch), folgt nun Doña Carmen, der „Verein für soziale und politische Rechte von Prostituierten“. Der Verein engagiere sich „für die politischen Anliegen der Prostituierten“ und setze sich „nicht neutral mit den politischen Themen“ auseinander, so die Begründung des Finanzamts. Dies entspräche nicht den satzungsmäß steuerbegünstigten Zwecken.

Noch Mitte Juli 2015 hatte das Finanzamt Frankfurt gegenüber Doña Carmen bestätigt, dass die Satzung des Vereins die Voraussetzungen der Gemeinnützigkeit erfülle. Nun soll rückwirkend ab 2011 die tatsächliche Tätigkeit des Vereins nicht mehr gemeinnützig gewesen sein.

Stefan Diefenbach-Trommer, Koordinator der Allianz „Rechtssicherheit für politische Willensbildung“ schreibt dazu:

Die Arbeit von Dona Carmen wurde jahrelang als gemeinnützig anerkannt, ohne dass der Verein seine Tätigkeit geändert hätte. Dies zeigt erneut, dass das Gemeinnützigkeitsrecht den Finanzämtern zu große Spielräume lässt, die zu einer Rechtsunsicherheit gemeinnütziger Organisationen führen. Die Aberkennung als schärfste Konsequenz treibt gemeinnützige Organisationen in die Insolvenz.

Das Engagement für soziale Rechte muss ebenso gemeinnützig sein wie das Engagement zur Förderung des öffentlichen Gesundheitswesen. Kritische Vereine dürfen nicht ausgebremst werden. Sie müssen selbstverständlich auch politisch handeln dürfen, um ihre gemeinnützigen Zwecke zu verfolgen.

Eine Überarbeitung des Gemeinnützigkeitsrechts scheint also grundsätzlich angebracht.

Das Grundgesetz garantiert Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und verbietet eine Benachteiligung auf Grund einer politischen Anschauung. Darum dient es dem Gemeinwohl, wenn Menschen darin unterstützt werden, ihre Persönlichkeitsrechte durchzusetzen und wahrzunehmen. Die Gesamtgesellschaft zieht einen Nutzen aus der politischen Beteiligung aller am demokratischen Prozess und aus der Integration marginalisierter Gruppen. Stigmatisierung und Ausgrenzung sind für Sexarbeiter_innen noch immer alltägliche Realität. Daher brauchen wir Fachberatungsstellen, Vereine und Organisationen, die unsere Anliegen unterstützen. Der BesD unterstützt daher den Spendenaufruf von Doña Carmen zur Mithilfe beim anstehenden Rechtsstreit um die Gemeinnützigkeit vor dem Finanzgericht.

Weitere Informationen auf der Website von Doña Carmen.