Bordellbetreiber verurteilt: Stellungnahme des BesD zum Fall Rudloff
Der Berufsverband der SexarbeiterInnen BesD hat den Gerichtsprozess gegen den Großbordell-Betreiber Jürgen Rudloff mit großem Interesse verfolgt. Bereits Ende Februar fiel das Urteil, in dem der 65-jährige unter anderem der Beihilfe zu Zuhälterei, schweren Menschenhandels und Betrugs für schuldig gesprochen wurde.
Das Urteil selbst und die Aussagen des vorsitzenden Richters, dass der Prozess „eine Signalwirkung ins Rotlichtmilieu“ haben könnte, sowie dass „ein sauberes Bordell in dieser Größe (…) nicht vorstellbar“ sei, führen in der Öffentlichkeit derzeit zu einer vermehrten Diskussion über Geschäftsmodelle und Kriminalität in der Branche. Auch GegnerInnen der Sexarbeit untermauern ihre Forderungen nach einem generellen Verbot der Sexarbeit oder weiteren Sondergesetzen für unsere Branche mit solchen öffentlichkeitswirksamen Fällen. Doch Sexarbeit an sich ist nicht das Problem, und selbstverständlich gibt es auch Bordelle verschiedener Größenordnungen mit fairen Arbeitsbedingungen, in denen auch keine Ausbeutung durch Dritte geduldet wird.
Als Interessensvertretung von Sexarbeitenden begrüßt der BesD die Aufdeckung von Gewalt und die damit hoffentlich verbundene Signalwirkung an TäterInnen. Wer von solchen Übergriffen weiss und wegschaut oder sogar davon profitiert, wird zurecht der Beihilfe verurteilt, auch wenn er persönlich nicht gewalttätig geworden ist. Der Berufsverband möchte ein realistisches Bild der Sexarbeit in Deutschland vermitteln und so der Diskrimierung und Kriminalisierung von in der Sexarbeit tätigen Menschen entgegenwirken. Ebenso entschieden, wie wir für die Entkriminalisierung der Sexarbeit und ihre berufliche Anerkennung kämpfen, verurteilen wir jegliche Art von Gewalt, Zwang und Ausbeutung.
Entsprechende Straftaten sind leider – ähnlich wie in Pflegeberufen, im Baugewerbe oder der Landwirtschaft – auch in Teilen der Sexarbeits-Branche ein bekanntes Problem. Das „Paradise“ wurde wiederholt von verschiedenen Medien unter die Lupe genommen. Die offene Zusammenarbeit der Betreiber mit der Polizei – welcher sie unter anderem die Ausweisdaten aller bei ihnen beschäftigten Sexarbeiterinnen zukommen ließen – wurde medienwirksam zum Teil des Saubermann-Images des Betriebes gemacht.
Der BesD spricht sich für Lösungsansätze und Maßnahmen aus, die allen Betroffenen von Ausbeutung helfen und ein selbstbestimmtes und sichereres Arbeiten für SexarbeiterInnen in Deutschland unterstützen. Die Bekämpfung von Armut, eine Minderung des Wohlstandgefälles, bedarfsorientierte freiwillig aufzusuchende und kompetente – auf Wunsch anonyme – Beratung, sowie eine Stärkung der Rechte für Betroffene, würden die Rahmenbedingungen in der Sexarbeit effektiv verbessern. Außerdem fordern wir eine Stärkung der Selbstorganisation und Selbstvertretung von SexarbeiterInnen.
Branchenspezifische Verbote und Sondergesetze dagegen drängen speziell Sexarbeitende aus ohnehin marginalisierten Gruppen in die Illegalität. Als besonders eklatantes Beispiel lässt sich hier das fehlende, bedingungslose Bleiberecht für illegalisierte Sexarbeitende, die missbräuchliche Verhältnisse melden, nennen. Generell verletzen die derzeit geltenden Sonderregelungen für die Branche das Recht auf freie Berufswahl, verletzen das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und zerstören das Vertrauen der von Straftaten betroffenen Sexarbeitenden in die staatlichen Sicherheitsorgane.
Eine rechtliche Gleichstellung der Sexarbeit mit anderen Berufen und in diesem Zuge die Anwendung der bereits für andere Branchen geltenden Strafgesetze, würde neben dem dringend wünschenswerten Abbau der Stigmatisierung unserer Berufsgruppe in der Gesellschaft, auch dem langfristigen Schutz von SexarbeiterInnen vor Straftaten dienen.
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