22. Juni | Sexworker-Versammlung am Kölner Roncalliplatz gegen ROTLICHTAUS-Kampagne

Update: Treffen findet am Roncalliplatz statt, NICHT am Dom. Sonst bleibt alles gleich. Die Info kam heute morgen von den Behörden aufgrund einer neuen Baustelle.


Teilnehmer*innen des Sexwork-Stammtisch Köln, Mitglieder des BesD und weitere Unterstützer*innen wollen am 22. Juni am Roncalliplatz in Köln Gesicht zeigen und uns damit der verunglimpfenden „Rotlicht Aus“-Kampagne von Sisters e.V. entgegen stellen. Wir werden Flyer verteilen und können den Wohnwagen der Straßensexarbeiterin und BesD-Vorständin Nicole Schulze für Plakate nützen. Sexarbeiter*innen und Unterstützende von Sexarbeiter*innen sind herzlich willkommen teilzunehmen und sich zu solidarisieren. Einige von uns werden ebenfalls gerne für Gespräche mit interessierten Bürger*innen und der Presse zur Verfügung stehen!

Corona-Regeln werden natürlich eingehalten!

Datum: Dienstag, 22. Juni 2021
Uhrzeit: ab 10:00 Uhr bis ca. 20:00 Uhr
Ort: Roncalliplatz, 50667 Köln

Kontakt für Presse: Nicole Schulze
Telefon: +49 157 83518081
Mail: nicole@besd-ev.de

Hintergrund unserer Aktion:

Seit Beginn der Krise betreiben Sexarbeits-Gegner*innen Lobbyarbeit, um mit Hilfe von Corona ein generelles Sexkaufverbot in Deutschland zu erreichen. Unter dem Deckmantel der Unterstützung und des „Ausstiegs“ könnte Sexarbeitenden mit solchen Gesetzen endgültig die Lebensgrundlage entzogen werden.

Bei der Plakatkampagne „RotlichtAus“, die aktuell an 60 öffentlichen Räumen in Köln von der Firma Ströer platziert wird, handelt es sich um eben einen solchen Vorstoß. Mit Sprüchen wie „Du kommst und ich verkomme.“, „Dein Spaß ist mein Horrortrip.“ oder „Zu verkaufen: Körper, Freiheit, Würde.“ soll die Stimmung gegen Sexarbeit in der Kölner Gesellschaft angeheizt werden.

Wer steckt hinter „RotlichtAus“?

Hinter „RotlichtAus“ stehen uns seit vielen Jahren bekannte Prostitutionsgegner*innen, die unter der Schirmherrschaft des Vereins Sisters e.V. verbissen gegen Prostitutionsstätten (unsere Arbeitsplätze), gegen „Freier“ (den männlichen Anteil unserer Kund*innen) sowie für eine „Welt ohne Prostitution“ (eine Welt ohne uns) kämpfen. Wohl prominentestes Vorstandsmitglied ist Bundestagsabgeordnete Leni Breymaier. Als Sexarbeitende zu Beginn der ersten Welle plötzlich ihr Einkommen verloren und wie so viele Menschen in Deutschland mit einer beispiellosen Krise klarkommen mussten, fiel Breymaier bereits mit verhöhnenden Aussagen auf. Unter anderem twitterte sie im März 2020 „Geht doch. Man(n) kann ja schon mal üben.“ im Bezug auf das Berufsverbot für Sexarbeitende in Stuttgart. Im Mai 2020 versuchte sie mit einer kleinen Gruppe aus dem Bundestag erneut ein krisenunabhängiges Sexkaufverbot auf dem Rücken der Corona-Maßnahmen zu forcieren.

Warum fühlen sich viele Sexworker von „RotlichtAus“ so angegriffen?

Besonders viele Sexarbeiter*innen befinden sich derzeit in einer existenzgefährdenden Lage. Zu dem Arbeitsverbot und der Schließung unserer Arbeitsplätze kommt eine – von keinerlei wissenschaftlichen Erkenntnissen gestützte – Ungleichbehandlung unserer Branche gegenüber anderen körpernahen Dienstleistungen hinzu.

Viele Menschen in prekären Lebenssituationen werden in der globalen Ausnahmesituation weiter an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Sie fallen durch die staatlichen Hilfesysteme und es fehlt an Impfplänen für besonders marginalisierte Gruppen, zu denen viele meiner Kolleg*innen in der Sexarbeit zählen.

Diese Kampagne ist eine weitere und gezielte Aktion um im Endeffekt die Rechte der Menschen zu beschneiden, denen es bereits besonders dreckig geht.

Menschen in der extrem vielfältigen Branche der Sexarbeit werden in solchen Kampagnen entmündigt, objektifiziert, sexualisiert, auf einen (oft rassistisch konnotierten) Opferstatus, auf ein Alter (am liebsten unter 18!) und natürlich ein Geschlecht (ausschließlich weiblich) reduziert. Jegliche Entscheidungshoheit und sexuelle Selbstbestimmung werden uns abgesprochen. Strafrechtlich verfolgte Verbrechen wie sexuelle Ausbeutung und Vergewaltigung werden bewusst mit freiwilliger Sexarbeit vermischt. Die komplexen Hintergründe von Arbeitsmigration sowie die dokumentierten und katastrophalen Folgen von Sexkaufverboten in anderen Ländern werden routiniert ausgeblendet.

Wirft man einen Blick in die auf der Website verlinkte Präsentation zu der Kampagne, sieht man unter „weiteren Headline-Ideen“ unter anderem „Lolita. Attraktiv, jung, misshandelt und verkauft. Subline: Bezahlsex finanziert Misshandlung“. Besser lässt sich die Haltung und Vorstellungswelt von Sexarbeits-Gegner*innen nicht zusammenfassen.

Als Berufsverband stellen wir uns an die Seite der Kölner Sexarbeiter*innen und an die Seite von Selbstbestimmung und Empowerment. Sexarbeiter*innen, egal in welcher Situation, brauchen Angebote die sie stärken, die ihnen helfen und die sie unterstützen, anstatt solche, die ihre Einkommensgrundlage verbieten wollen.