Überblick über Gesetzeslage für Sexarbeitende
Prostituiertenschutzgesetz
Seit dem 1.1.2018 unterliegen alle Sexarbeitenden, auch jene die bereits im Vorfeld tätig waren, den Regelungen des Prostituiertenschutzgesetzes.
- Antworten auf viele praktische Fragen zum Prostituiertenschutzgesetz findest du –> hier.
- Pflichttermin 1: Gesundheitliche Beratung
In den meisten Bundesländern liegt die gesundheitliche Beratung im Zuständigkeitsbereich der Gesundheitsämter hier findest du eine Übersichtsicht der Anmeldestellen. Als Sexarbeiter*in musst du dort einen Termin für eine persönliche Beratung zu gesundheitlichen Themen machen. Du musst einen Nachweis über die Beratung bekommen. - Pflichttermin 2: Registrierung als Prostituierte*r
Nachdem du einen Nachweis über die Gesundheitsberatung erhalten hast, musst du dich als Sexarbeiter*in registrieren lassen. Du musst angeben: Foto, Namen, Meldeadresse, Geburtsdatum & -ort, Staatsangehörigkeit und in welchen Städten du vorhast zu arbeiten. Wenn du in mehreren Städten arbeitest, dann musst du dich in der Stadt anmelden, wo du überwiegend tätig bist. Es wird dann ein Lichtbildausweis erstellt (dauert bis zu 5 Werktagen). Auf Wunsch kann auch dein Künstlername draufstehen. Diesen Ausweis musst du immer bei der Arbeit dabei haben. Alle zwei Jahre muss eine Neubeantragung stattfinden. Wer ohne Anmeldung erwischt wird, muss ein Bußgeld zahlen und wird registriert. - Wen betrifft das ProstSchG?
Unter das Gesetz fällt jegliche Art von sexueller und erotischer Dienstleistung mit anwesenden Personen gegen Entgelt; damit gelten das Arbeiten im Bordell genauso wie Escort-, BDSM- oder Tantraangebote, Straßensexarbeit und erotische Massagen als Prostitution. Es ist dabei egal, ob diese Dienstleistung regelmäßig oder gelegentlich, haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird. - Was gilt als Prostitutionsstätte?
Ein Prostitutionsgewerbe betreibt, wer eine Prostitutionsstätte betreibt (z.B. Bordell, Laufhaus, Tantrastudio), Prostitutionsveranstaltungen organisiert oder durchführt oder eine Prostitutionsvermittlung (z.B. Escortagentur) führt. Arbeiten zwei Sexarbeiter*innen zusammen, zum Beispiel in einer Arbeitswohnung, gilt dies bereits als ein Prostitutionsstätte und braucht eine Genehmigung.
Der Berufsverband wies bereits in den Geburtsstunden des ProstSchG auf die zahlreichen mit dem Gesetz verbundenen Probleme hin. Mahnende Einwände und Vorschläge wurden allerdings kaum berücksichtigt. Mit Inkrafttreten des ProstSchG zeigte sich dementsprechend schnell, dass wir mit unseren Prognosen richtig lagen: Das Gesetz reguliert am eigentlichen Bedarf vorbei und verfehlt dabei sein angebliches Ziel – den Schutz von Sexarbeitenden – vollumfänglich.
Die Situation für Menschen in der Sexarbeit hat sich nicht nur nicht gebessert, sondern im Gegenteil verschlimmert. Viele werden in die Illegalität getrieben, da sich sich aus Angst vor einem Outing nicht registrieren wollen, oder dies wegen fehlender Arbeitserlaubnis nicht können. Sie arbeiten nun alleine, können sich nur schwer an die Polizei wenden und werden von Beratungsstellen nicht erreicht. Das ProstSchG hat ebenfalls zu einer großen Schließungswelle bei Bordellen geführt. Nicht, weil es sich um schlechte Arbeitsplätze handelte, sondern weil diese schlicht im falschen Stadtplanungsgebiet lagen.
Der BesD lehnt das ProstSchG ab, da es der Branche mehr Schaden als Nutzen beschert. Um die wirklichen Probleme im Alltag von Sexarbeiter*innen verstehen und bekämpfen zu können, braucht es eine sachliche Trennung zwischen Sexarbeit und Menschenhandel, eine legale Anerkennung, Entstigmatisierung und vieles mehr –> unsere Positionen und Forderungen.
- Deutscher Juristinnenverband (djb) –> https://www.bmfsfj.de/blob/119046/ddf19e…b-data.pdf
- Koordinierungskreis gegen Menschenhandel (kok –> https://www.kok-gegen-menschenhandel.de/…_11_09.pdf
- Bündnis der Fachberatungsstellen für Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter (bufas) —-> https://www.bmfsfj.de/blob/119038/dd7149…s-data.pdf
- Deutscher Frauenrat –> https://www.bmfsfj.de/blob/119042/e3404b…t-data.pdf
- Diakonie Deutschland –> https://www.diakonie.de/fileadmin/user_u…170410.pdf
- Diakonie Hamburg –> https://www.diakonie-hamburg.de/de/facht…hutzgesetz
- Deutsche Aidshilfe –> https://www.aidshilfe.de/sites/default/f…_final.pdf
- Landeshauptstadt Dresden –> http://dresden.aidshilfe.de/wp-content/u…stSchG.pdf
- Deutsche STI Gesellschaft (DSTIG) –> https://www.aids-nrw.de/upload/pdf/empfe…_final.pdf
- AWO Sachsen-Anhalt –> https://www.awo-sachsenanhalt.de/files/0…_final.pdf
- AG Nord, Zusammenschluss mehrerer norddeutscher HIV/STI-Beratungsstellen des Öffentlichen Gesundheitsdienstes –> http://www.stiftung-gssg.de/upload/AG_No…gesetz.pdf
- Ratschlag Prostitution Hamburg –> http://www.bsd-ev.info/downloads/stellun…burg-z.pdf
Gesetzestexte und offizielle Publikationen
- —>Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG)
- Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/prostituiertenschutzgesetz - Prostituiertenschutzgesetz in verschiedenen Sprachen: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/textbausteine-prostituiertenschutzgesetz/117400
Zusammenfassung
- § 3 – 6 Anmeldepflicht für Prostituierte
Jede Person, die in der Prostitution arbeiten möchte, muss sich vor Aufnahme der Tätigkeit und danach alle zwei Jahre (Personen unter 21 Jahren jährlich) persönlich bei der zuständigen Behörde anmelden; dabei werden der volle im Ausweis eingetragene Name, die Meldeadresse, Geburtsdatum & -ort, die Staatangehörigkeit und die geplanten Tätigkeitsorte registriert, zusätzlich müssen zwei Passbilder abgegeben werden.
Ausländische Sexarbeiter*innen müssen dabei nachweisen, dass sie berechtigt sind eine selbstständige Tätigkeit auszuüben (§ 4). Wenn alle Nachweise erbracht worden sind und keine Anhaltspunkte für eine Zwangslage vorliegen, erhält man innerhalb von fünf Werktagen eine Anmeldebescheinigung mit Foto und darf dann örtlich unbeschränkt arbeiten – soweit es auf Länderebene keine abweichenden Regelungen gibt, dann müsste man sich bei einem Ortswechsel erneut persönlich anmelden und bis zu fünf Werktage auf die Bescheinigung warten.
Dieser Lichtbildausweis ist bei der Ausübung der Tätigkeit stets mitzuführen (§ 5). Es ist möglich eine Aliasbescheinigung (auch mit Foto) zu erhalten, bei welcher statt des Namens ein Alias eingetragen werden kann (§ 6). - § 7 – 9 Pflichtberatung
Bei der Anmeldung sind Sexarbeiter*innen verpflichtet, ein Informations- und Beratungsgespräch zu führen, dabei soll auch die Freiwilligkeit festgestellt werden (§§ 7 & 8).
Das Beratungsgespräch soll im vertraulichen Rahmen stattfinden und Sexarbeiter*innen unter anderem über ihre rechtliche Lage, gesundheitliche und soziale Beratungsangebote, Hilfen in Notsituationen und über die Steuerpflicht informieren. Die Behörden sollen die Informationen zur Ausübung der Sexarbeit in einer Sprache zur Verfügung stellen, die der/die Sexarbeitende versteht.
Liegen während des Beratungsgesprächs tatsächliche Anhaltspunkte vor, die darauf schließen lassen, dass die Sexarbeit sich für die betreffende Person als alternativlos präsentiert und der Entschluss, der Prostitution nachzugehen, in hohem Maße fremdbestimmt ist, hat die zuständige Behörde unverzüglich Maßnahmen zum Schutz der Person zu veranlassen (§ 9).
Das kann die Weitergabe von Informationen an andere Behörden und Stellen bedeuten, in Abhängigkeit von der Situation können dies zum Beispiel sozial-psychiatrische Dienste, das Jugendamt, die Polizei oder eine qualifizierte Fachberatungsstelle oder Schutzeinrichtung sein. - § 10 Gesundheitliche Beratung
Vor der ersten Anmeldung und danach alle 12 Monate (bei unter 21-Jährigen alle 6 Monate) muss eine gesundheitliche Beratung wahrgenommen werden, deren Bescheinigung bei der Anmeldung vorgelegt werden muss und mit der Anmeldebescheinigung/‘Hurenausweis‘ bei der Ausübung der Sexarbeit stets mitgeführt werden muss (§ 10).
Angepasst an die jeweilige Lebenssituation soll diese Beratung vor allem Fragen der Krankheitsverhütung, der Empfängnisregelung, der Schwangerschaft und der Risiken des Alkohol- und Drogengebrauchs behandeln. Auch hier soll es Sexarbeiter*innen ermöglicht werden, im vertraulichen Rahmen eine bestehende Zwangs- oder Notlage zu offenbaren. - § 11 Anordnungen gegenüber Prostituierten
Sexarbeiter*innen, die nicht angemeldet sind oder keinen Nachweis über die gesundheitliche Beratung haben, werden aufgefordert dies nachzuholen und können mit einem Bußgeld von bis zu 1000 € sanktioniert werden.
Soweit es dem Schutz der Kund*innen, der Jugend oder von Anwohner*innen vor Belästigungen aller Art dient, können die jeweils zuständigen Behörden gegenüber Prostituierten jederzeit Maßnahmen treffen und Anordnungen erteilen, die die Ausübung der Sexarbeit betreffen.
Die Vorschrift ermöglicht es, jedwede Probleme, die von erlaubnisfreien Prostitutionsbetrieben ausgehen, jederzeit durch nachträgliche Anordnungen zu adressieren. So kann es beispielsweise zum Schutz des Umfeldes erforderlich sein, Anordnungen zu treffen, um verhaltensbedingte Belästigungen und vom Betrieb ausgehende Störungen zu begrenzen. Als letztes Mittel ist es möglich die Ausübung der Prostitution ganz zu untersagen. - § 12 – 28 Erlaubnispflicht für Prostitutionsgewerbe
Wer ein Prostitutionsgewerbe betreiben will, wozu bereits zwei gemeinsam arbeitende Sexarbeiter*innen zählen, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Diese Erlaubnis kann befristet werden. Bei der Beantragung muss ein Betriebskonzept vorgelegt werden (§ 16) und diverse Erlaubnisvoraussetzungen müssen erfüllt sein (§ 14). Die Erlaubnis ist u.a. zu versagen, wenn das Betriebskonzept oder die örtliche Lage dem öffentlichen Interesse widerspricht oder die Person nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 15); zu deren Ermittlung wird ein Führungszeugnis und eine Stellungnahme der Landespolizei verlangt. Darüber hinaus kann die Erlaubnis mit Auflagen verbunden werden, die insbesondere die Betriebszeiten, Anzahl der im Betrieb tätigen Personen und die Anzahl der für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume beschränken können (§ 17).
In § 18 wurden Mindestanforderungen an die zum Prostitutionsgewerbe genutzte Anlagen formuliert. So dürfen beispielsweise Räumlichkeiten von außen nicht einsehbar sein, ein sachgerechtes Notrufsystem, getrennte Sanitäranlagen für Sexarbeiter*innen und Kund*innen, Aufenthalts- und Pausenräume müssen vorhanden sein, außerdem darf in Arbeitsräumen nicht mehr geschlafen werden. Teilweise sollen Ausnahmen möglich sein (Abs. 3).
Bei Prostitutionsveranstaltungen hat der Betreiber vor jeder einzelnen Veranstaltung ein Veranstaltungskonzept zu erstellen (§ 16 (3)) und die Veranstaltung bei der zuständigen Behörde vier Wochen vor Beginn anzuzeigen, die dazu nötigen Nachweise sind sehr umfangreich (§ 20). Betreiber*innen dürfen nur angemeldete Sexarbeitende tätig werden lassen (§ 25) und haben Pflichten bei Sicherheit und Gesundheitsschutz (§ 24). Außerdem unterliegen sie täglichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten; so müssen neben den Anmeldedaten der Sexarbeiter*innen z.B. deren Tätigkeitstage und sämtliche Zahlungen dokumentiert und zwei Jahre aufbewahrt werden (§ 28). - § 29 – 31 Überwachung des Prostitutionsgewerbes
Die zuständigen Behörden sind befugt Prüfungen und Besichtigungen der Grundstücke und Geschäftsräume in denen sexuelle Dienstleistungen erbracht werden vorzunehmen, sowie jederzeit Personenkontrollen durchzunehmen. Dies gilt zur Verhütung dringender Gefahren auch, wenn die Räumlichkeiten zugleich Wohnzwecken dienen – insofern wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt (§ 29). Betreiber*innen sind verpflichtet der zuständigen Behörde auf Verlangen alle für die Überwachung des Geschäftsbetriebes erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 30). Die Befugnisse stehen der zuständigen Behörde auch bei Verdacht auf Ausübung sexueller Dienstleistungen ohne Erlaubnis zu (§ 31).
- § 32 – 33 Verbote und Bußgeldvorschriften
Es wird eine Kondompflicht eingeführt, die auch für Oralsex gilt (§ 32, Abs. 1); dabei sind bei Verstoß nur für die Kund*innen von sexuellen Dienstleistungen Bußgelder vorgesehen (§ 33, Abs. 3). Werbung für sexuelle Dienstleistungen ist nur eingeschränkt möglich (§ 32, Abs. 3). Wer gegen Auflagen des ProstSchG verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit unterschiedlich hohen Geldbußen belegt ist, so kann es bis zu 1.000 € kosten unangemeldet als Sexarbeiter*in tätig zu sein und bis zu 10.000 € ein unerlaubtes Prostitutionsgewerbe zu betreiben (§ 33). - § 34 Personenbezogene Daten
Wenn keine Schutzmaßnahmen gem. § 9, Abs. 2 und keine Anordnungen gem. § 11 Abs. 3 erfolgt sind, sind die Anmeldedaten spätestens drei Monate nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Anmeldebescheinigung zu löschen. Auch andere Empfänger dieser personenbezogenen Daten sind über die Löschung unverzüglich zu informieren und auf ihre Pflicht zur Löschung hinzuweisen (§ 34, Abs. 3). Personenbezogene Daten von Sexarbeiter*innen dürfen nur an öffentliche Stellen weitergegeben werden, wenn es der Überwachung der Ausübung eines Prostitutionsgewerbes oder einer Prostitutionstätigkeit dient oder dem Schutz einer*s Sexarbeiter*in (§ 34, Abs. 4 & 5).
Der Inhalt der Anmeldung wird von der zuständigen Behörde unverzüglich an das Finanzamt weitergeleitet (§ 34, Abs. 8). - § 37 Übergangsfristen
Wer schon vor dem 01.07.2017 als Sexarbeiter*in tätig war, hat bis zum 31.12.2017 Zeit sich anzumelden (Abs. 1). Prostitutionsgewerbe, die vor dem 01.07.2017 schon bestanden haben, müssen dies bis zum 1.10.2017 bei der zuständigen Behörde anzeigen und bis zum 31.12.2017 einen Erlaubnisantrag zu stellen (Abs. 2). Erst ab dem 31.12.2017 müssen Betreiber*innen die Anmeldebescheinigung der bei ihnen arbeitenden Sexarbeiter*innen überprüfen (Abs. 3). Für Prostitutionsstätten, die bereits vor dem 07.07.2016 existiert haben können bei der Erlaubnis Ausnahmen von gewissen Anforderungen gemacht werden (Notrufsystem, extra Sanitäranlagen, Aufenthalts- und Pausenräume, Schlafverbot), wenn es dabei um schützenswerte Interessen von Sexarbeiter*innen geht (Abs. 5). Die erste Anmeldebescheinigung für Sexarbeiter*innen ab 21 Jahren gilt für drei Jahre (Abs. 6).
Steuern
In Deutschland gibt es eine Steuerpflicht, die auch für das Anbieten von sexuellen Dienstleistungen gilt. Sowohl angestellte als auch selbstständige Beschäftigungsformen sind für sexuelle Dienstleistungen aller Art in Deutschland möglich. In der Praxis gibt es kaum Angestelltenverhältnisse, die meisten Sexarbeiter*innen sind selbstständig tätig. Sie müssen sich beim Finanzamt eine Steuernummer holen und unter dieser Nummer ihre Umsätze melden. Das Finanzamt teilt anschließend mit, wieviel Steuern gezahlt werden müssen.
Seit dem 1.1.2018 müssen sich alle in Deutschland in der Sexarbeit Tätigen anmelden. Die betreffende Anmeldebehörde meldet dann die Tätigkeit automatisch weiter an das Finanzamt, welches die Steuernummer zuschickt.
Jede in Deutschland selbstständige Person muss ihre Einnahmen aufschreiben und somit nachweisen.
Es ist nicht Pflicht, auch die Ausgaben aufzuschreiben, wir empfehlen dies aber:
Die Ausgaben kann man steuerlich geltend machen. Das heißt, man zieht die Betriebsausgaben von den Einnahmen ab. Hierdurch wird die zu versteuernde Summe geringer und man muss weniger Steuern zahlen. Jede Ausgabe muss mit einem Beleg (Kassenbon oder Rechnung) nachgewiesen werden.
Beim „Düsseldorfer Verfahren“ handelt es sich um eine spezielle Methode zum Steuern zahlen, welche nur in der Sexarbeitsbranche angewendet wird. Zielgruppe sind Bordell- und Bar-Prostituierte. An jedem Anwesenheitstag müssen sie einen pauschalen Betrag an den*die Betreiber*in abgeben. Die Höhe dieser Pauschale variiert zwischen den Bundesländern & Kommunen und liegt zwischen 6€ und 30€ pro Arbeitstag, unabhängig davon wie viel der*die Sexarbeiter*in verdient hat. Diese Summe muss quittiert und an das Finanzamt weitergegeben werden. Beim Einkommenssteuerjahresabschluss kann man das zu viel gezahlte Geld zurückerhalten oder muss nachzahlen.
Info für Sexarbeitende
Viele Kolleg*innen gehen davon aus, dass sie durch die die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren von der weiteren Steuerpflicht befreit sind. Sie sehen dies als eine Methode um anonym Steuern zahlen zu können. Leider stimmt das nicht!
- WICHTIG: Die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren befreit nicht von der steuerlichen Anmeldung, der Abgabe einer Steuererklärung und der Buchhaltungspflicht!
Das Düsseldorfer Verfahren ist eine Pauschale zur Vorauszahlung von Steuern, trotzdem müssen Sexarbeitende am Ende vom Jahr eine normale Steuererklärung abgeben – wo sie sich die mit dem Düsseldorfer Verfahren gezahlten Beträge als bereits gezahlte Steuern anrechnen lassen und je nachdem noch Steuern nachzahlen oder zurück bekommen. - Vorsicht mit dem Künstlernamen: Viele Kolleg*innen zahlen das Geld für das Düsseldorfer Verfahren mit ihrem Künstlernamen. Das Finanzamt kann diesen bei einer Kontrolle nicht der realen Person zuordnen. Erschwerend kommt hinzu, dass Sexarbeitende oft ihre Künstlernamen und auch Arbeitsstätten wechseln. So kann es sein, dass die Steuern noch Mal gezahlt werden müssen. Lösung: Realnamen angeben oder Quittungen als Nachweis aufbewahren.
- Unbedingt Quittungen verlangen: Wenn du am Düsseldorfer Verfahren teilnimmst und dein Betreiber das Geld dafür bei dir einsammelt, lasse dir auf jeden Fall eine Quittung über das bezahlte Geld ausstellen (Mit Betrag, den du gezahlt hast Datum, Namen, Ort und Steuersammelnummer des Arbeitsplatzes) und hebe die Quittungen gut auf. Ohne Quittungen kann die Zahlung der Pauschale nicht nachgewiesen werden.
Position des BesD
Die Teilnahme am Düsseldorfer Verfahren ist theoretisch freiwillig, doch das gilt in einigen Bundesländern oder Städten nur bedingt. Sobald ein Bordell/Arbeitsstätte in das Modell einwilligt, müssen alle dort arbeitenden Sexworker teilnehmen.
Wir lehnen das Düsseldorfer Verfahren ab und fordern eine Gleichbehandlung mit anderen Selbstständigen.
- Es gibt keine gesetzliche Grundlage für diese Sondersteuer, die nur für unsere Branche gilt.
- Es ist viel zu viel falschen Wissen über diese Vorabsteuer im Umlauf. Dies führt zu extremer Benachteiligung von Sexarbeitenden, weil sie zu viele oder doppelt Steuern zahlen müssen. Der von vielen geglaubte Vorteil Steuern anonym zahlen zu können, ist wie oben geschrieben NICHT gegeben.
- Kolleg*innen, die sehr niedrige Einnahmen erzielen, werden durch die Vorauszahlung zunächst übermäßig belastet, da sie von ihrem geringen Einkommen unverhältnismäßig viel abgeben müssen. Theoretisch bekommen sie das Geld mit dem Jahres-Steuerabschluss zurück. Aber bis dahin geben sie dem Finanzamt einen Kredit, obwohl sie das Geld eigentlich zum Überleben bräuchten.
- Viele Sexarbeitende sind in verschiedenen Städten und Bundesländern tätig. Es ist in der Praxis so gut wie unmöglich, die gezahlten Pauschalsteuern in der Heimatstadt, wo man steuerlich angemeldet ist, geltend zu machen.
- Der Hintergrund der Einführung und Beibehaltung des Düsseldorfer Verfahrens liegt in der Unterstellung begründet, dass Sexarbeiter*innen grundsätzlich Steuern hinterziehen würden.
Sexarbeitende müssen sich NICHT beim Gewerbeamt anmelden und benötigen auch keinen Gewerbeschein. Auf Grund der hohen Stigmatisierung muss nur eine Steuernummer beim Finanzamt beantragt werden. Dies gilt auch, wenn man sich nicht als Prostituierte, sondern vorsichtshalber unter einer anderen Berufsbezeichnung angemeldet hat.
ProstSchG – B.Besonderer Teil, Erklärung zu § 3 (Anmeldepflicht für Prostituierte)
„Nach wohl überwiegender Auffassung ist die selbständige persönliche Ausübung der Prostitution kein „Beruf wie jeder andere“ und kein Gewerbe im Sinne der Gewerbeordnung, sondern eine höchstpersönliche Dienstleistung. Auch wenn einzelne Kommunen Gewerbeanzeigen von Prostituierten entgegennehmen, besteht im Verwaltungsvollzug weitgehend Einigkeit darüber, dass Prostituierte kein nach § 14 Absatz 1 der Gewerbeordnung anmeldepflichtiges Gewerbe ausüben. Angesichts der Besonderheiten der Prostitution kann dies auch als sachgerecht angesehen werden, da anderenfalls z. B. die Grunddaten des Gewerbes (Name, betriebliche Anschrift, angezeigte Tätigkeit) gemäß § 14 Absatz 5 Satz 2 der Gewerbeordnung allgemein zugänglich gemacht werden dürften.“
Wir raten von einer Meldung als Prostituierte beim Gewerbeamt ab. Das Gewerbeamt leitet die Daten automatisch an diverse Behörden weiter. Für das Finanzamt gilt das Steuergeheimnis, und die Daten bleiben dort. Allerdings leiten manche Finanzämter die Anmeldung an die IHK (Industrie und Handelskammer) weiter.
Krankenversicherung
Seit 2009 gilt für alle Menschen mit Wohnsitz in Deutschland die Krankenversicherungspflicht. Das bedeutet, man muss sich bei einem in Deutschland zugelassenen Krankenversicherer gegen Krankheitskosten versichern. Die Europäische Krankenversicherung wird dabei nicht anerkannt.
Wer nicht versichert ist, macht sich nicht strafbar. Falls man aber krank wird oder einen Unfall hat kann es sehr teuer werden.
Möchte man sich irgendwann offiziell (wieder) krankenversichern, muss man auch Beiträge für die Zeit bezahlen, in der man nicht versichert war.
Als Selbstständige*r hat man die Wahl, ob man sich freiwillig gesetzlich oder privat krankenversichert. Da der Wechsel von der privaten in eine gesetzliche Krankenkasse meist kaum möglich ist, sollte man hier eine gut überlegte Entscheidung treffen.