Einfach erklärt: Diskriminierung versus Ungleichbehandlung

Das Wort „diskriminierend“ taucht häufig im allgemeinen Sprachgebrauch in den verschiedensten Kontexten auf und meint dort oft verschiedene Dinge. Aber was bedeutet Diskriminierung eigentlich genau? Was ist unter mittelbarer Diskriminierung zu verstehen? Und was ist der kleine, aber sehr wichtige Unterschied zwischen Diskriminierung und Ungleichbehandlung?


Direkte und indirekte Diskriminierung

Diskriminierung liegt vor, wenn eine Ungleichbehandlung von benachteiligten/marginalisierten Personen(-gruppen) aufgrund von gesellschaftlich gewachsenen (systemischen) Machtverhältnissen stattfindet, diese reproduziert und damit aufrechterhält.

Diskriminierung ist direkt, also unmittelbar: Wenn eine Handlung oder Regelung systemisch benachteiligte Personen(-gruppen) speziell aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Personengruppe ungleich behandelt.

Heikler, weil weniger offensichtlich, ist die indirekte (mittelbare) Diskriminierung: Wenn eine vermeintlich neutrale, also für alle „gleich“ geltende Handlung oder Regelung dazu führt, dass tatsächlich nur bestimmte systemisch benachteiligte Personen(-gruppen) dadurch ungleich behandelt werden.

Ein Beispiel aus der Sexarbeit:

Unter dem Prostituiertenschutzgesetz müssen sich Sexarbeitende in Deutschland anmelden, um legal arbeiten zu dürfen. Faktisch ist es vielen Sexarbeitenden aber nicht möglich sich anzumelden.

Denn alleine um erst die Möglichkeit zu haben, sich anmelden zu können, brauchen Sexarbeitende unter anderem:

  • den richtigen Pass
  • eine Arbeitserlaubnis
  • das Geld für eventuelle Anmeldegebühren
  • das Wissen, um die bürokratischen Vorgänge zu verstehen
  • den Zugang zu Beratungsstellen, um sich dieses fehlende Wissen im Zweifel aneignen zu können
  • die Sicherheit, um ein Outing zu riskieren
  • die Zeit, sich um die Anmeldung und jährliche Gesundheitsberatung zu kümmern.

Mit der Anmeldepflicht für alle Sexarbeitenden in Deutschland findet also eine indirekte Diskriminierung gegenüber systemisch benachteiligten Sexarbeitenden statt.

Es kann übrigens auch vorkommen, dass eine Person, die gar nicht Teil einer marginalisierten Personen(-gruppe) ist, trotzdem über fälschliche Zuordnung zu dieser Diskriminierung erfährt. Ein persönliches Beispiel: Jahre bevor ich angefangen habe in der Sexarbeit tätig zu werden, wurde ich als vermeintliche Sexarbeiterin gewaltsam und diskriminierend behandelt.


Ein wichtiger Hinweis:
Diskriminierung bleibt Diskriminierung – egal ob sie direkt oder indirekt stattfindet. Um Diskriminierung festzustellen ist es ebenfalls nebensächlich, ob die diskriminierend handelnde Person oder Institution dabei absichtlich oder unabsichtlich handelt.


Zur Unterscheidung von Diskriminierung und Ungleichbehandlung

Leider werden die Begriffe Ungleichbehandlung und Diskriminierung oft als Synonyme füreinander verwandt.

Diskriminierung liegt jedoch nur vor, wenn eine Ungleichbehandlung von benachteiligten/marginalisierten Personen(-gruppen) aufgrund von gesellschaftlich gewachsenen (systemischen) Machtverhältnissen stattfindet, diese reproduziert und damit aufrechterhält.

Wenn also meine weiße, deutsche Mitbewohner*in einen Job nicht bekommt, mit der Begründung sie sei zu „deutsch/weiß“ für die Stelle, dann liegt keine rassistische Diskriminierung bzw. Diskriminierung aufgrund von Rassifizierung/ ethnischer Herkunft vor. Denn, systemisch ist sie als weiße Deutsche in unserem rassistischen System der weißen Vorherrschaft nicht benachteiligt, sondern privilegiert.

Grundlegend immer, auch wenn sie mal einen Job nicht bekommt. Das ändert nichts daran, dass sie in diesem Szenario eine sich mit Sicherheit beschissen anfühlende Ungleichbehandlung aufgrund einer Zuschreibung betreffend ihre Herkunft/Hautfarbe erfährt. Die weder respektvoll noch fair ist. Aber nur, weil eine unfaire, respektlose Ungleichbehandlung vorliegt, erfährt sie noch keine Diskriminierung.

Die Ungleichbehandlung einer Person aufgrund eines (zugeschriebenen) Merkmales, das der Person grundsätzlich Privilegien verschafft, ist keine Diskriminierung. 

Warum ist es wichtig, da so kleinteilig zu unterscheiden?

Es ist enorm wichtig klar zu differenzieren zwischen „einfachen“ Ungleichbehandlungen und Diskriminierung – jenen Ungleichbehandlungen, die gegebene Machtverhältnisse zum Nachteil der Benachteiligten reproduzieren. Denn wenn von Diskriminierung die Rede ist, obwohl eigentlich „nur“ eine Ungleichbehandlung vorliegt, wird dadurch tatsächliche Diskriminierung verharmlost und unsichtbar gemacht.

Ein Vermischen der Begriffe trägt in diesem Fall zur Aufrechterhaltung von strukturellen Machtdynamiken und damit zur Basis von weiterer Diskriminierung bei. 


Dieser Blogbeitrag wurde von Emma Sophie Roe verfasst – Sexarbeiterin, BesD-Mitglied und politische Mitarbeiterin des Verbands.