Was es mit der Entkriminalisierung von Sexarbeit in Südafrika auf sich hat
Das Justizministerium Südafrikas hat Ende 2022 einen Gesetzesentwurf veröffentlicht, der alle in der Sexarbeit involvierte Parteien, entkriminalisieren und nach der potenziellen Gesetzesänderung veraltete Einträge aus den Strafakten von Betroffenen streichen soll.
Die Nachrichten verbreiteten sofort die Kunde von der vollständigen Entkriminalisierung der Sexarbeit in Südafrika. Doch das ist leider nicht ganz richtig.
Denn aktuell ist noch das 1957 verabschiedetet Gesetz gültig, welches Sexarbeit in Südafrika illegal macht und verbietet. Also alle involvierten; Sexarbeitende selbst, Kunden und Dritte, wie z.B. Bordellbetreibende werden kriminalisiert. Seit 2007 gibt es ein zusätzliches Gesetz, welches gezielt Kunden kriminalisiert.
Diese Gesetze haben laut der Sexarbeiter*innen Organisation Asijiki dazu geführt, dass Sexarbeitende viel Gewalt und Missbrauch erfahren. Auch von der Polizei ausgehend. Der Name Asijiki ist isiZulu, eine von 11 Amtssprachen Südafrikas, was zu Deutsch kein Zurück/ kein Zurückschauen bedeutet. Die Organisation kritisiert außerdem, dass die Kriminalisierung Sexarbeitenden den Zugang zum Gesundheitswesen erschweren würde.
Das soll sich nun also ändern. Oder zumindest hoffen das und Sexarbeiter*innen und Organisationen wie Asijiki. Denn ob die Gesetzesänderung tatsächlich zu einem neuen entkriminalisierten Gesetz für alle Beteiligten in der Sexarbeit führt, steht aktuell noch in den Sternen.
Das Einzige, was wir bisher sicher wissen, ist dass das Parlament zugestimmt, den Gesetzesentwurf für öffentliche Kommentare zu veröffentlichen. Aber was heißt das? Der Prozess, den ein Gesetzesentwurf durchlaufen muss, bevor ein Gesetz zu Stande kommt, unterscheidet sich von Land zu Land. In Südafrika läuft das sehr vereinfacht so:
- Zuallererst wird ein Entwurf in einem Dokument erstellt, was sich Green Paper nennt. Dieses Green Paper (zu Deutsch Günes Schriftstück) wird von dem Ministerium entworfen, welches für den im Gesetz verhandelten Bereich zuständig ist. In dem Fall der aktuell noch kriminalisierten Sexarbeit also das Justizministerium.
- Dann folgt die Veröffentlichung mit einem festgelegten Kommentar-Zeitraum. In diesem können Kommentare, Vorschläge und Ideen zum Gesetzesentwurf eingereicht werden.
- Darauf folgt eine genauere Ausarbeitung des Entwurfs, das White Paper (zu Deutsch Weißes Schriftstück). Dieses wird von der zuständigen Abteilung bzw. Aufgabenteam bearbeitet. Die für den Gesetzesentwurf relevanten parlamentarischen Komitees dürfen dabei Änderungsvorschläge einbringen.
- Nach all dem wird der Gesetzesentwurf zum Ministerium zurückverwiesen. Dort werden dann auf dieser Basis weitere Diskussionen geführt, Input gegeben und finale Entscheidungen getroffen.
Das bedeutet der Gesetzesentwurf Sexarbeit zu entkriminalisieren ist aktuell im Prozess von einem Green Paper zu einem White Paper zu werden. Erst nachdem der Entwurf als White Paper klassifiziert und dann wieder im zuständigen Ministerium final bearbeitet wurde, wissen wir ob Sexarbeit in Südafrika tatsächlich entkriminalisiert werden wird.
Trotzdem wurden allein das Entstehen und Freigeben des Gesetzesentwurfes zu Recht mit viel Hoffnung und Freude beobachtet und als Teilerfolg gefeiert. Denn hinter ihm stehen 25 Jahre harte Arbeit von Sexarbeitenden und bzw. in Sexarbeitsorganisationen. Dem Ideal, Sexarbeit zu Entkriminalisieren wurde mehrere hoffnungsvolle Schritte nähergekommen.