Über Anmeldetourismus und Stellungnahmen am Beispiel Sachsen-Anhalt

Sachsen-Anhalt gehört zu den Bundesländern, in denen es noch nicht mal Übergangsbescheinigungen für Sexarbeitende gibt, die sich laut dem ProstituiertenSchutzGesetz dort als Sexarbeitende anmelden wollen. Im Grunde sollten wir doch froh sein darüber, denn unser Berufsverband steht dieser Anmeldung und Registrierung ja sehr ablehnend gegenüber.
Leider ist es so einfach nicht, denn die meisten Sexarbeitenden arbeiten nicht nur in einer Stadt oder in einem Bundesland, sondern sind viel unterwegs um auf ausreichende Einnahmen zu kommen. Wer angibt, bundesweit tätig zu sein kann mit diesem Vermerk im „Prostituierten-Ausweis“ in ganz Deutschland arbeiten. Dazu bedürfte es aber eines solchen Ausweises, den die Kolleg*innen aus Sachsen-Anhalt ja noch gar nicht haben können.

Um diesen Thema geht es aber in der Stellungnahme nicht, denn die Mühlen mahlen langsam in manch einem Bundesland, aber es tut sich was. Und wer wird denn da nachtragend sein…
Konkret liegt jetzt der erste Entwurf zur Durchführung des ProstSchG auf Landesebene von Sachsen-Anhalt vor. Darunter muss man sich keinen fertigen Text vorstellen, sondern es ist eine vorläufige sehr grobe Definition von Zuständigkeiten und eine endlose Auflistung von möglichen Kosten. Nein, das ist nicht unprofessionell. Das wird auch in anderen Bundesländern und sogar auf Bundesebene so gemacht. Die Schreiber gehen davon aus, dass das eh alles noch wieder geändert wird. Böse Zungen würden jetzt sagen, dass die Schreiber eigentlich nicht davon ausgehen, dass noch was geändert wird, aber sie erwecken den Anschein. Deshalb werden Stellungnahmen von Fachpersonen und Gruppen, die sich mit dem Thema professionell beschäftigen, eingefordert. Manchmal bewirken die Stellungnahmen tatsächlich etwas, aber in der Regel habe ich den Eindruck, dass die Texte allenfalls vom Praktikanten gelesen werden und somit das Einfordern solcher reine Makulatur ist. Die Politiker*innen können sich dann öffentlich hinstellen und sagen, dass sie ja auch die Expertise der Betroffenenverbände eingeholt haben. Damit ist ja nicht gesagt, dass die Expertise auch berücksichtigt wurde. Holzauge sei wachsam.
In Sachsen-Anhalt könnte dies jedoch anders aussehen. Nun, es ist gerade alles sehr undurchsichtig, wer da eigentlich für was zuständig ist. Das ist keine Verschleierungstaktik, sondern es hat wirklich niemand ernsthaft Lust sich mit unserem Thema zu beschäftigen und alle hoffen, dass der Kelch an ihnen vorbeigeht. Dies Phänomän trifft man auch in etlichen anderen Bundesländern an. Irgendwann ist aber Schluss mit Aussitzen und dann wird irgendeine Person, die zumeist überhaupt gar keine Ahnung vom Thema hat zum Entwickeln von Ausführungsbestimmungen verdonnert. Vorher wird ewig darüber rumgestritten, ob denn das Land zuständig ist oder je nach Bundesland die Bezirke oder die Kreise und kreisfreien Städte. Dabei geht es dann gar nicht so sehr um das Thema, sondern um Personal, Räumlichkeiten und natürlich um Geld. Geld ist natürlich knapp. Gerade Sachsen-Anhalt gehört nicht zu den Bundesländern, in denen Milch und Honig fließen. So wurde dort nun ganz pragmatisch beschlossen, dass die entstehenden Kosten mit der Umsetzung des ProstSchG von den Sexarbeitenden und den Betreibenden getragen werden sollen. Und es ist ganz schön teuer den notwendigen Beamtenapparat für ein solches Unterfangen aufzubauen.
Auch geht es in dem Referentenentwurf um den sogenannten „Anmeldetourismus“. Damit ist gemeint, dass eine kostenlose Anmeldemöglicheit laut ProstSchG dazu führen würde, dass Heerscharen von Sexarbeitenden aus anderen Bundesländern nach Sachsen-Anhalt einfallen, um dort die kostenlosen die Leistungen in Anspruch zu nehmen. Das habe ich hier vielleicht etwas auf die Spitze getriben, aber solche Überlegeungen sind typisch für alle Bundesländer. Keiner will gerne die knappen Landesmittel für Bürger aus anderen Bundesländern einsetzen. Oft gibt es diese Dikussionen im Bereich der Schulpolitik. Besonders betroffen davon sehen sich Stadtstaaten, deren Schulen von den Kindern aus dem „Speckgürtel“ des Nachbarlandes besucht werden. Die Steuergelder des „Speckgürtels“ fließen jedoch in die Kasse des Nachbarbundeslandes. Nun, man kann das Problem verstehen. Im Bereich des ProstituiertenSchutzGesetzes hat sich das allerdigns nicht bewahrheitet.
Z.B. in Niedersachsen, gibt es regional Gebühren in sehr unterschiedlicher Höhe. Die Stadt Hannover erhebt 15 Euro und Hannover Land bietet den Service kostenlos an. Nicht einmal dort sind Wanderbewegungen erkennbar. Es handelt sich um Einzelfälle.
Nicht einmal das Bundesland Hamburg, welches aktuell als eines der Bundesländer gilt, das sehr unkompliziert und auch kostenlos die Anmeldungen für Sexarbeitende durchführt, verzeichnet größeren Zulauf aus anderen Bundesländern. Hamburg bestätigt jedoch, dass es einen Anteil an Anmeldungen von reisenden Sexarbeitenden gibt, die aus Bundesländern stammen, in denen noch keine Registrierungen möglich sind. Zu diesen Ländern gehört auch Sachsen-Anhalt.


HIER Download: Stellungnahme BesD zu Gebührenordnung Sachsen-Anhalt

Hier LINK zur Stellungsnahme der Beratungsstelle Magdalena aus Magdeburg

 

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