Das Prostitutiertenschutzgesetz (ProstSchG)

Aktuelle Infos:

Überblick:

Mit der Einführung des –> Prostitutionsgesetzes (ProstG) wurde die Sexarbeit 2002 von der Sittenwidrigkeit befreit und gilt seitdem rechtlich als anerkannte Tätigkeit. 2017 trat das Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) in Kraft. Dieses galt für Neueinsteiger*innen in die Sexarbeit bereits ab dem 1.7.2017  – seit dem 1.1.2018 unterliegen alle Sexarbeitenden, auch jene die bereits im Vorfeld tätig waren, den entsprechenden Regelungen. In den Unterkategorien „Inhalte“ und „Wen betrifft das ProstSchG“ haben wir weiter unten im Text die wichtigsten Punkte zum ProstSchG für Sexarbeiter*innen und Betreiber*innen in Deutschland zusammengefasst.

Der Berufsverband wies bereits in den Geburtsstunden des ProstSchG auf die zahlreichen mit dem Gesetz verbundenen Probleme hin. Unter „Weiterführende Links“ finden sich unsere damalige Stellungnahme zum Referentenentwurf des BMFSFJ, sowie eine Sammlung der Stellungnahmen verschiedenster Organisationen. Mahnende Einwände und Vorschläge wurden allerdings kaum berücksichtigt. Mit Inkrafttreten des ProstSchG zeigte sich dementsprechend schnell, dass wir mit unseren Prognosen richtig lagen: Das Gesetz reguliert am eigentlichen Bedarf vorbei und verfehlt dabei sein angebliches Ziel – den Schutz von Sexarbeitenden – vollumfänglich.

Die Situation für Menschen in der Sexarbeit hat sich nicht nur nicht gebessert, sondern im Gegenteil verschlimmert. Viele werden in die Illegalität getrieben, da sich sich aus Angst vor einem Outing nicht registrieren wollen, oder dies wegen fehlender Arbeitserlaubnis nicht können. Sie arbeiten nun alleine, können sich nur schwer an die Polizei wenden und werden von Beratungsstellen nicht erreicht. Das ProstSchG hat ebenfalls zu einer großen Schließungswelle bei Bordellen geführt. Nicht, weil es sich um schlechte Arbeitsplätze handelte, sondern weil diese schlicht im falschen Stadtplanungsgebiet lagen.

Der BesD lehnt das ProstSchG ab, da es der Branche mehr Schaden als Nutzen beschert. Um die wirklichen Probleme im Alltag von Sexarbeiter*innen verstehen und bekämpfen zu können, braucht es eine sachliche Trennung zwischen Sexarbeit und Menschenhandel, eine legale Anerkennung, Entstigmatisierung und vieles mehr –> unsere Positionen und Forderungen.

Weiterführende Links:

Gesetzestexte:

Stellungnahmen zum ProstSchG:

Inhalte:

Für Sexarbeitende
Für Betreibende einer Prostitutionsstätte (auch Wohnungsbordelle)

Hier sind nur Dinge aufgelistet, die Sexarbeitende direkt betreffen!

Sonstige

Du findest eine übersichtliche Auflistung und sehr gute Kommentare zum ProstSchG auch unter www.prostituiertenschutzgesetz.info

Du findest die offiziellen Publikationen beim
Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/prostituiertenschutzgesetz

und ausführlich in vielen Sprachen:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/themen/gleichstellung/frauen-vor-gewalt-schuetzen/textbausteine-prostituiertenschutzgesetz/117400

Hier geht es nun zu den wichtigsten Fragen und Antworten

Wen betrifft das ProstSchG?

Unter das Gesetz fällt jegliche Art von sexueller und erotischer Dienstleistung mit anwesenden Personen gegen Entgelt; damit gelten das Arbeiten im Bordell genauso wie Escort-, BDSM- oder Tantraangebote, Straßensexarbeit und erotische Massagen als Prostitution. Es ist dabei egal ob diese Dienstleistung regelmäßig oder gelegentlich, haupt- oder nebenberuflich ausgeübt wird.

Ein Prostitutionsgewerbe betreibt, wer eine Prostitutionsstätte betreibt (z.B. Bordell, Laufhaus, Tantrastudio), Prostitutionsveranstaltungen organisiert oder durchführt oder eine Prostitutionsvermittlung (z.B. Escortagentur) führt.

Arbeiten zwei Sexarbeiter*innen zusammen, zum Beispiel in einer Arbeitswohnung, gilt dies bereits als ein Prostitutionsstätte und braucht eine Genehmigung.

Zusammenfassung der Gesetzestexte

Jede Person, die in der Prostitution arbeiten möchte, muss sich vor Aufnahme der Tätigkeit und danach alle zwei Jahre (Personen unter 21 Jahren jährlich) persönlich bei der zuständigen Behörde anmelden; dabei werden der volle im Ausweis eingetragene Name, die Meldeadresse, Geburtsdatum & -ort, die Staatangehörigkeit und die geplanten Tätigkeitsorte registriert, zusätzlich müssen zwei Passbilder abgegeben werden.
Ausländische Sexarbeiter*innen müssen dabei nachweisen, dass sie berechtigt sind eine selbstständige Tätigkeit auszuüben (§ 4). Wenn alle Nachweise erbracht worden sind und keine Anhaltspunkte für eine Zwangslage vorliegen, erhält man innerhalb von fünf Werktagen eine Anmeldebescheinigung mit Foto und darf dann örtlich unbeschränkt arbeiten – soweit es auf Länderebene keine abweichenden Regelungen gibt, dann müsste man sich bei einem Ortswechsel erneut persönlich anmelden und bis zu fünf Werktage auf die Bescheinigung warten.
Dieser Lichtbildausweis ist bei der Ausübung der Tätigkeit stets mitzuführen (§ 5). Es ist möglich eine Aliasbescheinigung (auch mit Foto) zu erhalten, bei welcher statt des Namens ein Alias eingetragen werden kann (§ 6).

Bei der Anmeldung sind Sexarbeiter*innen verpflichtet, ein Informations- und Beratungsgespräch zu führen, dabei soll auch die Freiwilligkeit festgestellt werden (§§ 7 & 8).
Das Beratungsgespräch soll im vertraulichen Rahmen stattfinden und Sexarbeiter*innen unter anderem über ihre rechtliche Lage, gesundheitliche und soziale Beratungsangebote, Hilfen in Notsituationen und über die Steuerpflicht informieren. Die Behörden sollen die Informationen zur Ausübung der Sexarbeit in einer Sprache zur Verfügung stellen, die der/die Sexarbeitende versteht.
Liegen während des Beratungsgesprächs tatsächliche Anhaltspunkte vor, die darauf schließen lassen, dass die Sexarbeit sich für die betreffende Person als alternativlos präsentiert und der Entschluss, der Prostitution nachzugehen, in hohem Maße fremdbestimmt ist, hat die zuständige Behörde unverzüglich Maßnahmen zum Schutz der Person zu veranlassen (§ 9).
Das kann die Weitergabe von Informationen an andere Behörden und Stellen bedeuten, in Abhängigkeit von der Situation können dies zum Beispiel sozial-psychiatrische Dienste, das Jugendamt, die Polizei oder eine qualifizierte Fachberatungsstelle oder Schutzeinrichtung sein.

Vor der ersten Anmeldung und danach alle 12 Monate (bei unter 21-Jährigen alle 6 Monate) muss eine gesundheitliche Beratung wahrgenommen werden, deren Bescheinigung bei der Anmeldung vorgelegt werden muss und mit der Anmeldebescheinigung/‘Hurenausweis‘ bei der Ausübung der Sexarbeit stets mitgeführt werden muss (§ 10).
Angepasst an die jeweilige Lebenssituation soll diese Beratung vor allem Fragen der Krankheitsverhütung, der Empfängnisregelung, der Schwangerschaft und der Risiken des Alkohol- und Drogengebrauchs behandeln. Auch hier soll es Sexarbeiter*innen ermöglicht werden, im vertraulichen Rahmen eine bestehende Zwangs- oder Notlage zu offenbaren.

Sexarbeiter*innen, die nicht angemeldet sind oder keinen Nachweis über die gesundheitliche Beratung haben, werden aufgefordert dies nachzuholen und können mit einem Bußgeld von bis zu 1000 € sanktioniert werden.
Soweit es dem Schutz der Kund*innen, der Jugend oder von Anwohner*innen vor Belästigungen aller Art dient, können die jeweils zuständigen Behörden gegenüber Prostituierten jederzeit Maßnahmen treffen und Anordnungen erteilen, die die Ausübung der Sexarbeit betreffen.
Die Vorschrift ermöglicht es, jedwede Probleme, die von erlaubnisfreien Prostitutionsbetrieben ausgehen, jederzeit durch nachträgliche Anordnungen zu adressieren. So kann es beispielsweise zum Schutz des Umfeldes erforderlich sein, Anordnungen zu treffen, um verhaltensbedingte Belästigungen und vom Betrieb ausgehende Störungen zu begrenzen. Als letztes Mittel ist es möglich die Ausübung der Prostitution ganz zu untersagen.

Wer ein Prostitutionsgewerbe betreiben will, wozu bereits zwei gemeinsam arbeitende Sexarbeiter*innen zählen, bedarf der Erlaubnis der zuständigen Behörde. Diese Erlaubnis kann befristet werden. Bei der Beantragung muss ein Betriebskonzept vorgelegt werden (§ 16) und diverse Erlaubnisvoraussetzungen müssen erfüllt sein (§ 14). Die Erlaubnis ist u.a. zu versagen, wenn das Betriebskonzept oder die örtliche Lage dem öffentlichen Interesse widerspricht oder die Person nicht die erforderliche Zuverlässigkeit besitzt (§ 15); zu deren Ermittlung wird ein Führungszeugnis und eine Stellungnahme der Landespolizei verlangt. Darüber hinaus kann die Erlaubnis mit Auflagen verbunden werden, die insbesondere die Betriebszeiten, Anzahl der im Betrieb tätigen Personen und die Anzahl der für sexuelle Dienstleistungen genutzten Räume beschränken können (§ 17).
In § 18 wurden Mindestanforderungen an die zum Prostitutionsgewerbe genutzte Anlagen formuliert. So dürfen beispielsweise Räumlichkeiten von außen nicht einsehbar sein, ein sachgerechtes Notrufsystem, getrennte Sanitäranlagen für Sexarbeiter*innen und Kund*innen, Aufenthalts- und Pausenräume müssen vorhanden sein, außerdem darf in Arbeitsräumen nicht mehr geschlafen werden. Teilweise sollen Ausnahmen möglich sein (Abs. 3).
Bei Prostitutionsveranstaltungen hat der Betreiber vor jeder einzelnen Veranstaltung ein Veranstaltungskonzept zu erstellen (§ 16 (3)) und die Veranstaltung bei der zuständigen Behörde vier Wochen vor Beginn anzuzeigen, die dazu nötigen Nachweise sind sehr umfangreich (§ 20). Betreiber*innen dürfen nur angemeldete Sexarbeitende tätig werden lassen (§ 25) und haben Pflichten bei Sicherheit und Gesundheitsschutz (§ 24). Außerdem unterliegen sie täglichen Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten; so müssen neben den Anmeldedaten der Sexarbeiter*innen z.B. deren Tätigkeitstage und sämtliche Zahlungen dokumentiert und zwei Jahre aufbewahrt werden (§ 28).

Die zuständigen Behörden sind befugt Prüfungen und Besichtigungen der Grundstücke und Geschäftsräume in denen sexuelle Dienstleistungen erbracht werden vorzunehmen, sowie jederzeit Personenkontrollen durchzunehmen. Dies gilt zur Verhütung dringender Gefahren auch, wenn die Räumlichkeiten zugleich Wohnzwecken dienen – insofern wird das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung eingeschränkt (§ 29). Betreiber*innen sind verpflichtet der zuständigen Behörde auf Verlangen alle für die Überwachung des Geschäftsbetriebes erforderlichen Auskünfte zu erteilen (§ 30). Die Befugnisse stehen der zuständigen Behörde auch bei Verdacht auf Ausübung sexueller Dienstleistungen ohne Erlaubnis zu (§ 31).

Es wird eine Kondompflicht eingeführt, die auch für Oralsex gilt (§ 32, Abs. 1); dabei sind bei Verstoß nur für die Kund*innen von sexuellen Dienstleistungen Bußgelder vorgesehen (§ 33, Abs. 3). Werbung für sexuelle Dienstleistungen ist nur eingeschränkt möglich (§ 32, Abs. 3). Wer gegen Auflagen des ProstSchG verstößt, begeht eine Ordnungswidrigkeit, die mit unterschiedlich hohen Geldbußen belegt ist, so kann es bis zu 1.000 € kosten unangemeldet als Sexarbeiter*in tätig zu sein und bis zu 10.000 € ein unerlaubtes Prostitutionsgewerbe zu betreiben (§ 33).

Wenn keine Schutzmaßnahmen gem. § 9, Abs. 2 und keine Anordnungen gem. § 11 Abs. 3 erfolgt sind, sind die Anmeldedaten spätestens drei Monate nach Ablauf der Gültigkeitsdauer der Anmeldebescheinigung zu löschen. Auch andere Empfänger dieser personenbezogenen Daten sind über die Löschung unverzüglich zu informieren und auf ihre Pflicht zur Löschung hinzuweisen (§ 34, Abs. 3). Personenbezogene Daten von Sexarbeiter*innen dürfen nur an öffentliche Stellen weitergegeben werden, wenn es der Überwachung der Ausübung eines Prostitutionsgewerbes oder einer Prostitutionstätigkeit dient oder dem Schutz einer*s Sexarbeiter*in (§ 34, Abs. 4 & 5).
Der Inhalt der Anmeldung wird von der zuständigen Behörde unverzüglich an das Finanzamt weitergeleitet (§ 34, Abs. 8).

Wer schon vor dem 01.07.2017 als Sexarbeiter*in tätig war, hat bis zum 31.12.2017 Zeit sich anzumelden (Abs. 1). Prostitutionsgewerbe, die vor dem 01.07.2017 schon bestanden haben, müssen dies bis zum 1.10.2017 bei der zuständigen Behörde anzeigen und bis zum 31.12.2017 einen Erlaubnisantrag zu stellen (Abs. 2). Erst ab dem 31.12.2017 müssen Betreiber*innen die Anmeldebescheinigung der bei ihnen arbeitenden Sexarbeiter*innen überprüfen (Abs. 3). Für Prostitutionsstätten, die bereits vor dem 07.07.2016 existiert haben können bei der Erlaubnis Ausnahmen von gewissen Anforderungen gemacht werden (Notrufsystem, extra Sanitäranlagen, Aufenthalts- und Pausenräume, Schlafverbot), wenn es dabei um schützenswerte Interessen von Sexarbeiter*innen geht (Abs. 5). Die erste Anmeldebescheinigung für Sexarbeiter*innen ab 21 Jahren gilt für drei Jahre (Abs. 6).