Immer mehr Prostitutionsbetriebe pleite: Arbeits-Risiko für Sexarbeitende steigt

Bereits ein halbes Jahr herrscht in den meisten deutschen Bundesländern ein striktes Berufsverbot für Sexarbeiter*Innen. Während zögerlich die ersten Lockerungen eingeführt wurden, stellt sich dem Großteil der Menschen in der Sexarbeit langsam die Frage, ob sie überhaupt noch Arbeitsplätze haben werden, an die sie zurückkehren können.

Das von Moralist*Innen und Sexarbeitsgegner*Innen forciert andauernde Verbot von Sexarbeit zeigt sich nun in aller Klarheit als systematisches Ausbluten lassen einer ganzen Branche.

Insbesondere kleine und mittelgroße Betriebe werden durch das Corona-bedingte Berufsverbot irreperabel geschädigt. Gerade Etablissments, die von ehemaligen oder selbst aktiven Sexarbeitenden geführt werden, sind aufgrund oft fairer Arbeitsbedingungen und familiärer Atmosphäre als Arbeitsplätze beliebt. Diese Betreiber*Innen werden in den Ruin getrieben; dort arbeitende Sexarbeiter*Innen sind auf sich allein gestellt und müssen größere Risiken, geringeren Schutz und ungewohnte Arbeitsweisen in Kauf nehmen.

Auch die sogenannten „Mega-Bordelle“, die großen Arbeitgeber der Branche, sind an ihrem finanziellen Limit angelangt.

Das „Babylon“, Hamburgs größtes Bordell, musste aufgrund der fehlenden Einnahmen bereits Anfang August dicht machen. Jetzt gibt auch Europas größtes Bordell auf – das bekannte „Pascha“ in Köln gibt an, innerhalb der nächsten Monate Insolvenz anmelden zu müssen, die fehlende verlässliche Öffnungsperspektive mache eine Planung unmöglich.

Für die rund 100 Sexarbeitenden, die normalerweise im „Pascha“ arbeiten, fallen die Sicherheitsvorkehrungen innerhalb des Bordells, die gewohnten Arbeits-Abläufe, der Austausch mit Kolleg*Innen sowie eine nach Hygiene-Vorschriften geregelte Umgebung weg.

So wie alle anderen Sexarbeitenden, deren Arbeitsplätze geschlossen sind, sind sie gezwungen, jetzt aus ihren privaten Wohnungen heraus oder in den Wohnungen von Kunden zu arbeiten:

Ohne Hygiene-Konzept, ohne Schutzsysteme, ohne Rückhalt und – aufgrund der derzeitigen Illegalität ihrer Arbeit – ohne im Fall von Erpressung oder Gewalt Schutz vom Staat in Anspruch nehmen zu können.

Die Diskriminierung und Diffamierung von Sexarbeiter*Innen im Rahmen der Corona-Krise führt also nicht „nur“ dazu, dass eine ganze Branche pleite geht – sie pervertiert darüber hinaus auch jeglichen Schutzgedanken sowie das Prinzip der Gleichbehandlung.


Ihr Ansprechpartner:
Andre Nolte | Leiter Presseabteilung
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